Die Sage vom Pfahl
Vor vielen Jahrhunderten lebte auf dem Schlosse Bärndorf bei Viechtach ein junger, braver Ritter namens Bertold.Er war mit einem schönen Ritterfräulein namens Wolfindis von Kollnburg verlobt. Als der Ritter eines Tages gejagt hatte und müde war, legte er sich unter einem Felsen zur Rast nieder.
Bald schlief er ein und hatte einen wunderschönen Traum: Es war ihm, als käme aus dem Felsen eine schneeweiße Frau hervor. Ihr Kleid war ganz von Silber. Auf dem Kopf trug sie ein Krönlein von Glas und Kristall. – Es war eine Burgfee. Sie ergriff den Ritter bei der Hand und führte ihn durch den Felsen, der sich geöffnet hatte, in die Erde hinein. Da war ein herrlicher Palast von lauter Kristall; dieser stand in einem wunderschönen Blumengarten, aber die Blumenwaren lauter Edelsteine. Viele feine Herren und Damen waren da.
Die Fee bestieg einen Thron und sagte:
„Ich bin die Königin dieses Reiches. All diese Schätze sollen dir gehören, wenn du bei mir bleibst.“
Der Ritter willigt ein und die Fee steckte ihm einen kostbaren Ring an den Finger Da erwachte der Ritter und wie verwundert war er, als er den Ring wirklich an seinem Finger sah. Er kehrte heim, aber alle Tage ging er und suchte den Platz und den Eingang. Er rief den Namen der Königin, aber sie kam nicht.
Da wurde er zornig, schlug mit der Hand an den Felsen und
Die Königin stand da. Als er an den Felsen schlug verrückte sich nämlich der Ring an seinem Finger.
Die Königin sagte: „Du durftest ja nur den Ring am Finger drehen, so wäre ich gekommen.“
Er fragte nun, ob er nicht für immer bei ihr bleiben dürfte, sie aber sagte: „Komm morgen vor Sonnenuntergang, mache ein Feuer und heb` diesen Stein empor. Darunter wird eine grüne Eidechse sitzen. Hasche sie und rufe dreimal laut:
Königin vom kristallenen Reich,
komm und mach mich deinesgleich,
löse mich von Fleisch und Bein,
lass mich immer bei Dir sein.“
Dann verschwand die Fee.
Der Ritter kam am anderen Abend und tat wie ihm geheißen.
Schon wollte er zum drittenmal den Zaubervers sprechen, da rief plötzlich seine hinter ihm stehende Braut:
„In Gottes Namen – halt ein, halt ein!“
Beim Wort „Gott“ erscholl ein grässliches Geschrei;
Feuer kam aus dem Erdeboden, verschlang die Bäume und fuhr am Gras dahin; die Fee und ihr kristallener Palast verschwanden in der Tiefe.
Aus der Echse aber war ein riesiger, feuriger Drache geworden, der über Berg und Tal dahinkroch.
Der weiße Drachengrad – genannt der „Pfahl“ leuchtet noch heute aus dem Dunkel der Wälder.
(nach Sepp Stettmeier in seinem Büchlein „ mit dem Auto wandern“)